Lasbor
2008-11-09 19:03:05 UTC
Zur Frage des *Nationalstolzes* hier mal ein bissiger Vermerk
Schopenhauers aus dem Jahr 1850, also 20 Jahre *vor* Gruendung der
(Parerga und Paralipomena I, Aphorismen zur Lebensweisheit, z.B.
"Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn
er verräth in dem damit Behafteten den Mangel an *individuellen*
Eigenschaften, auf die er stolz seyn könnte, indem er sonst nicht zu
Dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen theilt. Wer
bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler
seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am
deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in
der Welt hat, darauf er stolz seyn könnte, ergreift das letzte
Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu seyn: hieran
erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und
Thorheiten, die ihr eigen sind, [mit Händen und Füßen] zu
vertheidigen.
Daher wird man z. B. unter funfzig Engländern kaum mehr, als Einen
finden, welcher miteinstimmt, wenn man von der stupiden und
degradirenden Bigotterie seiner Nation mit gebührender Verachtung
spricht: der Eine aber pflegt ein Mann von Kopf zu seyn. - Die
Deutschen sind frei von Nationalstolz und legen hiedurch einen Beweis
der ihnen nachgerühmten Ehrlichkeit ab; vom Gegentheil aber Die unter
ihnen, welche einen solchen vorgeben und lächerlicherweise
affektiren; wie Dies zumeist die 'deutschen Brüder' und Demokraten
thun, die dem Volke schmeicheln, um es zu verführen. Es heißt zwar,
die Deutschen hätten das Pulver erfunden: ich kann jedoch dieser
Meinung nicht beitreten. Und Lichtenberg frägt: 'Warum giebt sich
nicht leicht jemand, der es nicht ist, für einen Deutschen aus,
sondern gemeiniglich, wenn er sich für etwas ausgeben will, für einen
Franzosen oder Engländer?' [Vermischte Schriften, neue Ausg.,
Göttingen 1844, Bd. II, S. 122.] Uebrigens überwiegt die
Individualität bei Weitem die Nationalität, und in einem gegebenen
Menschen verdient jene tausend Mal mehr Berücksichtigung, als diese.
Dem Nationalcharakter wird, da er von der Menge redet, nie viel Gutes
ehrlicherweise nachzurühmen seyn. Vielmehr erscheint nur die
menschliche Beschränktheit, Verkehrtheit und Schlechtigkeit in jedem
Lande in einer andern Form und diese nennt man den Nationalcharakter.
Von einem derselben degoutirt [angewidert] loben wir den andern, bis
es uns mit ihm eben so ergangen ist. - Jede Nation spottet über die
andere, und alle haben Recht."
Die Naziparole: "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein" wird von den
geistigen Brandstiftern der Nation nun versucht hoffähig zu machen.
Die BILD-Zeitung agiert wie der völkische Beobachter und schürt
Nationalismus. Der Seismograph für künftige Kriege und Massaker an
Minderheiten schlägt bereits aus.
Die Republik verfällt wieder dem nationalen Wahn.
Schopenhauers aus dem Jahr 1850, also 20 Jahre *vor* Gruendung der
(Parerga und Paralipomena I, Aphorismen zur Lebensweisheit, z.B.
"Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn
er verräth in dem damit Behafteten den Mangel an *individuellen*
Eigenschaften, auf die er stolz seyn könnte, indem er sonst nicht zu
Dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen theilt. Wer
bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler
seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am
deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in
der Welt hat, darauf er stolz seyn könnte, ergreift das letzte
Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu seyn: hieran
erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und
Thorheiten, die ihr eigen sind, [mit Händen und Füßen] zu
vertheidigen.
Daher wird man z. B. unter funfzig Engländern kaum mehr, als Einen
finden, welcher miteinstimmt, wenn man von der stupiden und
degradirenden Bigotterie seiner Nation mit gebührender Verachtung
spricht: der Eine aber pflegt ein Mann von Kopf zu seyn. - Die
Deutschen sind frei von Nationalstolz und legen hiedurch einen Beweis
der ihnen nachgerühmten Ehrlichkeit ab; vom Gegentheil aber Die unter
ihnen, welche einen solchen vorgeben und lächerlicherweise
affektiren; wie Dies zumeist die 'deutschen Brüder' und Demokraten
thun, die dem Volke schmeicheln, um es zu verführen. Es heißt zwar,
die Deutschen hätten das Pulver erfunden: ich kann jedoch dieser
Meinung nicht beitreten. Und Lichtenberg frägt: 'Warum giebt sich
nicht leicht jemand, der es nicht ist, für einen Deutschen aus,
sondern gemeiniglich, wenn er sich für etwas ausgeben will, für einen
Franzosen oder Engländer?' [Vermischte Schriften, neue Ausg.,
Göttingen 1844, Bd. II, S. 122.] Uebrigens überwiegt die
Individualität bei Weitem die Nationalität, und in einem gegebenen
Menschen verdient jene tausend Mal mehr Berücksichtigung, als diese.
Dem Nationalcharakter wird, da er von der Menge redet, nie viel Gutes
ehrlicherweise nachzurühmen seyn. Vielmehr erscheint nur die
menschliche Beschränktheit, Verkehrtheit und Schlechtigkeit in jedem
Lande in einer andern Form und diese nennt man den Nationalcharakter.
Von einem derselben degoutirt [angewidert] loben wir den andern, bis
es uns mit ihm eben so ergangen ist. - Jede Nation spottet über die
andere, und alle haben Recht."
Die Naziparole: "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein" wird von den
geistigen Brandstiftern der Nation nun versucht hoffähig zu machen.
Die BILD-Zeitung agiert wie der völkische Beobachter und schürt
Nationalismus. Der Seismograph für künftige Kriege und Massaker an
Minderheiten schlägt bereits aus.
Die Republik verfällt wieder dem nationalen Wahn.